
Restaurierung des Kaffee Worpswede
Auftraggeber: Kulturstiftung Landkreis Osterholz
Ort: Lindenallee, Worpswede
im Bau
mit
AK Architekten, Bauüberwachung
GIG GmbH, Haustechnik
Axel Jagels, Brandschutz
Matthias Jesske, Statik
Ingenieurbüro Rasem, Schadstoffsanierung
Es war die ursprüngliche Landschaft und das Licht, die 1889 die ersten Künstler, Fritz Mackensen, Hans am Ende und Otto Modersohn in dem Moordorf Worpswede sesshaft werden lies. Sie gründeten die Künstlerkolonie Worpswede, die den Versuch einer Schaffens- und Lebensgemeinschaft wagte. In besonderer Weise wirkte in Worpswede der Schaffensdrang der Künstler – nicht alleine durch Ihre Malerei, sondern auch durch die umfassende Ausgestaltung ihres Lebensraumes. Sie errichteten Häuser, legten Gärten an, entwickelten Möbel, prägten den Ort mit einem ganzheitlichen Gestaltungsanspruch. Worpswede gelangte zu großer Bekanntheit, die auch heute noch viele Besucher lockt und auch weiterhin Künstler in den Ort zieht. 1925 erbaute der Bildhauer Bernhard Hoetger das Kaffee Worpswede als zentral gelegenen Ort der Kunst und Gastronomie. 2019 beschloss die Kulturstiftung des Landkreises Osterholz die Sanierung des einzigartigen Baudenkmals.
Bernhard Hoetger kam 1914 nach Worpswede. Während seines Schaffens in und um Worpswede erbaute er unter anderem das Kaffee Worpswede, 1926 das dazugehörige Logierhaus und im darauffolgenden Jahr die Große Kunstschau. Im „Hoetger-Ensemble“ durchdringen sich Architektur und Landschaftsgestaltung, Bauskulptur, Bildhauerei, Malerei und Möbelentwurf. Hoetger arbeitet an einem ganzheitlichen Gestaltungsbegriff, zielt, wie auch bei seinem Worpsweder Wohnhaus, dem heutigen Diedrichshof, auf das Gesamtkunstwerk.
Hoetgers Architektur gründet nicht auf einer üblichen Baulogik, sondern auf intuitiven Gestaltungsentscheidungen und bildhauerischer Formgebung von Gebäudekubatur, Fassade, Innenraum und Ausstattung. Es wurden historische Bild- und Textquellen ausgewertet und umfangreiche restauratorische Untersuchungen vorgenommen, um Hoetgers Ideenreichtum und seiner künstlerischen Zielsetzung bei der Umsetzung des Ensembles im künftigen Restaurierungsprozess gerecht zu werden.
Das Kaffee Worpswede besteht im Erdgeschoss aus einer Folge von Rotunden und runden Räumen, die von drei leicht zueinander gedrehten Sattel- und Walmdächern mit Ziegeldeckung überspannt werden. Die Dachlandschaft ist Ausdruck der Gliederung des Komplexes in drei Gebäudeteile: der zweigeschossige Nordfügel mit Küchen- und Personalbereich, der Gast-, Schank- und Veranstaltungsraum als zentrales Haupthaus sowie das Paulinenheim, das an die südöstlich gelegene Große Kunstschau anschließt.
Vergangene Sanierungen und Umbauten haben ursprüngliche Entwurfsgedanken verunklärt. Zudem weisen zahlreiche Bauteile Schäden auf, die Gebäudetechnik ist veraltet. Im Rahmen der laufenden Sanierung werden die Schäden an der Gebäudehülle und in den Innenräumen behutsam behoben. Bauzeitliche Gestaltungsmotive, Befensterung, Farbgebung, Materialität werden wiederhergestellt. Eine brückenartige Treppe zwischen Kaffee und Kunstschau war jahrelang verschlossen und wird wieder geöffnet, um das Ensemble entsprechend seiner historischen Widmung zu einem öffentlichen Ort der Kunst und der Gastronomie zu verbinden.